Premiere

„Bühne 80“ feiert umjubelten Erfolg mit dem Stück „Der Neurosenkavalier“. Glänzend aufgelegte Darsteller vor ausverkauftem Haus.

 

Vom verschüchterten Mobbingopfer zum gefeierten Elvis: Der Finanzbeamte Jürgen Appelhans (Peer Kling). Foto: Jagodzinska

Jülich. Die Bühne der ausverkauften Stadthalle verwandelte sich in der gefeierten Premiere der Psycho-Komödie „Neurosenkavalier“ von Gunther Beth und Alan Cooper in eine psychotherapeutische Praxis.

Der Theaterakt wurde zur Therapiestunde.


Protagonist des erfolgreichsten deutschen Boulevardstücks der letzten 20 Jahre, das das beliebte Theaterensemble „Bühne 80“ unter Regie von Bert Voiss situationskomisch, mit viel Spielfreude und witzigen Dialogen gekonnt in Szene setzte, ist Felix Bollmann (Andreas Hardt in seiner besten Rolle). Eigentlich ist der „Neurosenkavalier“ der meist gesuchte Warenhausdieb im Dürener „Rurkauf“ – im Weihnachtsmannkostüm. Mit Herz und bewegter Biografie bedient er sich auf wundersame Art der Heilkraft der Mitmenschlichkeit und feiert in vier Sitzungen therapeutische Erfolge.

Wie es dazu kommt? Auf der Flucht vor der Polizei durch das Publikum landet der diebische Bollmann mit seiner geliebten Ledertasche per Zufall in der Psychiatrie und schlüpft gekonnt in die Rolle des erwarteten Vertretungsarztes. Er weiß: „Jeder Dritte hat ‚ne Meise“ und „Nirgendwo liegen Wissenschaft und Scharlatanerie so dicht zusammen wie in der Psychotherapie“. Mitten im Psycho-Dschungel sitzt Sprechstundenhilfe Frau Engel (Claudia Cormann-Wiersch), genannt Engelchen. Sie kommt dem echten Nerven-Vertretungsarzt Doktor de Witt (Andreas Kupka) näher, obwohl Bollmann ihn ihr als Neurotiker präsentiert hat.

Mit Schwung, Elan und einer gehörigen Portion Charme behandelt der Neurosenkavalier ohne ärztliche Skrupel den gestörten Seelenhaushalt der überdrehten, frustrierten Bestseller-Autorin Claudia Carrera (eine herrlich freizügige Evelyn Wirtz), die schließlich trotz Bikinikomplex noch die Kurve auf der Emotionsautobahn kriegt.

Urschrei

Auch der wahnwitzige und verklemmte Finanzbeamte Jürgen Appelhans (Peer Kling), genannt Elvis, macht eine Verwandlung vom verschüchterten Mobbingopfer zum Glitter-Elvis mit Schmachttolle durch. Als solcher heizt er dem Publikum mächtig ein – mit einem übertragenen Urschrei.

Als guter Fang entpuppt sich die kleptomanische Witwe und Erbin eines Champagner-Imperiums, Sybille Bast (Hannah Biener) – eine Seelenverwandte Bollmanns.

Völlig depressiv

Schließlich taucht Kriminalkommissar Herr Maiwald (Hennig Achenbach) in der Praxis auf, völlig depressiv, weil er den „Weihnachtsmann vom Rurkauf“ nicht zu fassen bekommt. Natürlich therapiert der Neurosenkavalier, der reichlich aus seinen Studiensemestern Veterinärmedizin, vor allem aber aus seiner Intuition schöpft, seine Patienten und nicht zuletzt sich selbst. Was in der Praxis von Professor Otto in dessen Abwesenheit „so alles therapiert wurde, soll er (natürlich) gar nicht erst erfahren“.

Fazit der Psycho-Komödie: „Der Pessimist hat zwar meistens Recht, aber niemals Freude. Der Optimist hat zwar meistens Unrecht, aber immer Freude“ – das Lieblingszitat des Regisseurs. Voll auf seine Kosten kam auf jeden Fall das Publikum, das kräftig Zwischenapplaus spendete und das Ensemble abschließend frenetisch feierte.

Weitere Aufführungen finden statt am Freitag und Samstag, 26. und 27. April, um 20 Uhr.  (ptj)

Proben

„Jeder Dritte bei uns hat eine Meise“

Theatergruppe Bühne 80 probt den Klassiker „Neurosenkavalier“. Die Psycho-Komödie wird im April aufgeführt. 

 

 Probe NeurosenkavalierDer „Neurosenkavalier“ wird einstudiert: Noch sind Claudia Carrera (Evelyn Wirtz) und Jürgen Appelhans (Peer Kling, r) nicht überzeugt von Bollmanns (Andreas Hardt)  psychotherapeutischen Künsten.  Foto: Plahm      

Jülich. „Jeder Dritte bei uns hat ‚ne Meise. Das muss man sich mal vorstellen - jeder Dritte!“, stellt Felix Bollmann alias Doktor de Witt erstaunt fest. Eigentlich sollte er sich als Nervenarzt damit ohnehin schon bestens auskennen – sollte. Doch Bollmann ist eigentlich ein polizeilich gesuchter Warenhausdieb, der mehr oder weniger unfreiwillig und nach einigen Semestern Tiermedizin für den Arzt Doktor de Witt gehalten wird.

Er ist ein Ganove mit Herz und einem gewaltigen Schlitzohr. Er ist das, was man nur sehr selten findet: ein ehrlicher Schuft.  Wie lange Bollmann als „Seelenklempner“ praktizieren kann,  wird im April die Bühne 80 zeigen. Die  Jülicher Theatergruppe führt die Psycho-Komödie „Der Neurosenkavalier“ von Gunther Beth und Alan Cooper auf und steckt schon mitten in den Proben.

Therapeutische Triumphe

Erst ist es  chaotisch, dann wird es  neurotisch: Nach anfänglicher Verwirrung geht Bollmann (Andreas Hardt) in seiner Rolle als Nervenarzt auf, und man glaubt es kaum: Auf die therapiebedürftige Kundschaft losgelassen,  erweist sich der Ganove als echtes Naturtalent. Über Depressionen, Neurosen und Psychosen feiert er therapeutische Triumphe. Denn er nutzt die Heilkraft der Mit-Menschlichkeit.

So nimmt er sich der frustrierten Bestsellerautorin Claudia Carrera (Evelyn Wirtz), der vollkommen kleptomanischen Witwe Sybille Bast (Hannah Biener) und des wahn-witzigen Finanzbeamten Jürgen Appelhans (Peer Kling) an.

Bollmanns wundersame Methoden sorgen schon in den Proben für den ein oder anderen Schmunzler. Da muss Regisseur Bert Voiss schon hin und wieder für Ruhe sorgen. Besonders viele Lacher dürfte wohl auch bei den Aufführungen Henning Achenbach auf seiner Seite haben.

Als Kommissar Maiwald wird er über die scheinbar unlösbare Aufgabe,  den Warenhausdieb zu fassen,  kurz vor seiner Rente noch depressiv. Und an wen wendet er sich? Ausgerechnet an den Dieb Bollmann selbst. Als Doktor de Witt versucht er, den in Selbstmitleid versinkenden Kommissar aufzubauen. Ein Drahtseilakt – schließlich kann es ihm ganz recht sein, wenn Kommissar Maiwald bei einem seiner letzten Fälle versagt.  Als dann noch der echte Doktor de Witt (Andreas Kupka) auftaucht, ist das Chaos perfekt und nicht nur Sprechstundenhilfe Frau Engel (Claudia Cormann-Wiersch) verwirrt.

Erfolgreiches Stück

Das erfolgreichste deutsche Boulevardstück der letzten zwei Jahrzehnte, das inzwischen weit über 6000 Aufführungen in sieben Ländern zu verbuchen hat, wird am Samstag, 20. April, Sonntag, 21., Freitag, 26., und Samstag, 27. April,  in der Jülicher Stadthalle von der traditionsreichen Jülicher Theatergruppe aufgeführt. (spl)